03.08.2008 von Brezi
Thema: Die Eprouvette und der Kanari
03.08.2008 von Brezi
03.08.2008 von Brezi
... oder 'Österreichisches Deutsch in überregionalen Druckwerken'.
Ephraim Kishon ist wohl allen zwischen 1920 und 1980 Geborenen in der westlichen Welt ein Begriff. Besonders über seine ersten, in den späten Fünfzigern und frühen Sechzigern geschriebenen Bücher haben sich Generationen zerkugelt.
Weniger bekannt ist, dass Kishon im deutschsprachigen Raum, gemessen am übrigen Europa, überproportional bekannt ist (außer vielleicht in den Neuen Bundesländern, wo er sicher nicht zum Lesen freigegeben war). Viele nennen als Grund, dass Kishons Werke von Friedrich Torberg ins Deutsche übersetzt wurden. Dieser Torberg hat natürlich, da kein bloßer Übersetzer, sondern vor allem ein der Hochkultur angehörender Schriftsteller, besonders gehaltvoll übersetzt und vielleicht den Büchern Kishons so eine zusätzliche literarische Prägung gegeben.
Das ist alles gewiss interessant. Aber was viele vielleicht nicht beachten, ist die Tatsache, dass so einem großen Leserkreis außerhalb Österreichs ein gerüttelt Maß an österreichischem Deutsch "untergejubelt" wurde. Bislang hat sich niemand daran gestoßen und so könnte es als erwiesen gelten, dass nichtdeutschländisches Deutsch sehr wohl zum Verfassen gesamtdeutscher Lektüre geeignet ist (die ersten Bücher Kishons auf Deutsch sind meines Wissens im Langen-Müller-Verlag in München erschienen).
Da ich diese "Werke Torbergs" natürlich gut kannte, fiel mir gar nicht auf, dass einige der Wörter aus seiner Feder typische Austriazismen sind. Als Beispiele fallen mir die Wörter auf, die in meiner Überschrift stehen: Eprouvette und Kanari. In meinem Alltag waren das von jeher vertraute Wörter. Aber irgendwann fiel mir auf, dass dise Wörter in Texten bundesdeutscher Provenienz fehlen, genau wie dort typisch Schweizer Wörter wie Coiffeur fehlen.
So hat in dem wohl seltenen Fall, dass ein Literat einem Autor von gehobener Trivialliteratur den Übersetzer machte, dieser außerdem beigetragen, typisch österreichische Wörter einer Leserschaft vertraut zu machen, die an Zahl jene der Leser in Österreich weit übersteigt. Ich weiß nicht, wie viele Hamburger oder Kölner jetzt zum Reagenzglas "Eprouvette" und zum Harzer Roller "Kanari" sagen. Aber es hat sich gezeigt, dass ein Buch, das Austriazismen als "normales" Sprachgut verkauft, im Ausland nicht durchfallen muss. Und wenn, dann nicht deshalb.
Meint euer
Brezimax
04.08.2008 von shadow
Da Kanari
A Kanari in sein Käfich
singt und trüllat vua sich hin,
und i kaun den Viecherl zuahearn,
wäuli in da Näh grod bin.
Grod wiara aum schenst trüllat,
heata a sch wieda auf.
Und wia i so zu eahm hischau,
do kumm i eahm auf wos drauf :
´s Kröpferl zittat, und ea mocht a
no sein Schnowi auf und zua.
Owa wäuli nuara Mensch bin,
howi nimma ´s Ghea dafua.
Maunchen geht’s wia den Kanari:
Woi hearn eahm die Menschn zua,
kimmta owa hecha aufi,
haums hoid nimma ´s Ghea dafua.
LG -sh-
05.08.2008 von Brezi
Das ist ganz lieb!
17.12.2008 von wuppl
mein lieber brezi
da weile ich nun schon beinahe 40 lenze in dieser schönen wiener stadt und vernehme mit erstaunen, dass der coiffeur (scheint mir eine entlehnung aus dem französischen zu sein) nun als schweizerisches "deutsch"-vokabel qualifiziert wird.
dazu entsinne ich mich (ja das langzeitgedächtnis funktioniert bereits) an meine früheste kindheit, als ich zum ersten mal an elterlicher hand zum haareschneiden ging....in anbetracht des enormen umsatzes dieses kleinbetriebs fand sich das schild auch noch nach den jahren, als mir meine lehrer die kunst des lesen beibrachten, an der hausmauer montiert und ebendort stand in geschwungenen lettern, die hinterglasbeleuchtet waren "coiffeur".
das mag zunächst vielleicht ein exilschweizer gewesen sein, doch nachdem ich ihn auch aus dem wirtshaus kenne (nunmehr, nicht aus der zeit als volksschüler) stelle ich fest, dass er ein burgenländer ist. du kannst dir meine verwunderung sicherlich vorstellen.
nun denke ich allerdings schon eine kleine weile darüber nach und komme zu dem schluss, dass in der hochblüte des "hochzeitstourismus" des europäischen hochadels (so ab maximilian dem ersten "tu felix austria nube") eine starke verbundung mit dem burgund und dem französischen königshaus stattfand. wenig verwunderlich mutet es auch an, dass auf dem internationalen parkett damals französisch gegenüber dem englischen der vorzug gegeben wurde.
so kam es dann auch, dass wortschöpfungen wie "gschamster diener" (abgeleitet vom Namen "Jean") oder auch der schanigarten (und schon wieder dieser jean....tststs) aber in besserer gesellschaft auch andere sprachliche eigentheiten in die umgangssprache - zunächst wohl eher bei hofe - gefunden haben.
diese dinge causieren mich anzunehmen, dass auch der coiffeur im rahmen dieser frankophilie seinen weg nicht nur in die schweiz sondern auch nach österreich gefunden haben mag, wobei dads heutige jungvolk leider mehr zum "frisör" tendiert...schade eigentlich
lg
wuppl