Thema: Import von binnendeutschem Jargon und "Teutonismen"

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Import von binnendeutschem Jargon und "Teutonismen"
06.12.2009 von Koschutnig

Import von binnendeutschem Jargon und "Teutonismen"
06.12.2009 von Koschutnig


Gibt es das eigentlich hier im Forum schon: Eine Sammlung von Phrasen und Wörtern, die sich in unsere Minderheitensprache reinfressen, vor allem via TV - nehme ich an. Der ORF nicht ausgeschlossen, leider !

Ich glaub nicht, eine solche Sammlung wär aber fein.
Und weil's grad aktuell ist, fang ich "mal" an mit ein paar solcher besonders schmerzender Scheußlichkeiten, die mir grad einfallen:

* der 1. Advent (z.B. Bellaflora-Werbung), am 4. Advent (Bergbahnen Bad Kleinkirchheim)
* an Weihnachten
* ab und an (für "ab und zu", Doris Knecht im 'Kurier')
* mal (für "einmal", auch in Ostarrichi-Kommentaren!)
* sag ich mal (Ö1, Literatur-Feuilleton!)
* mal sehen
* erstmal (statt "zuerst einmal")
* 'ne (für "eine" - wo doch "a" noch "sprachökonomischer" ist)
* lecker – sogar als „Österreichisch“ eingetragen!
* die Eins, eine Zwei... ( Tel.-Ansage: "...dann drücken Sie die Eins")
* die Mädels

Gar manches an teutonischen Importen ist (leider) z. gr. Teil akzeptiert worden und findet Verwendung - sogar bis in den Dialekt:
abhauen (weggehen), angeben (aufschneiden), (2 „typische Berlinismen“ schrieb der Spiegel 3/1950);
* rein, rauf, raus, runter... (s. o. "reinfressen");
*kotzen, bloß (nur), Müll, Quirl (Sprudler), Knast, Tomate (über die Zusammensetzungen T.-saft und –mark), Sahne (in Tirol alltäglich), Keule (Schlögel), Kissen (oder gibt's noch den Unterschied zw. dünnem 'Kissen' und dickem 'Polster'?), Hocker (Stockerl), natürlich (für "freilich"), Fahrschein (Fahrkarte) ...
und dann die vielen unösterr. Wörter der Szenesprache, angefangen bei toll und genau, bis zum geil, das ein Witzbold in Rhyming-Slang-Manier der Cockneys auf das zuvor "in" gewesene Szenewort "steil" erfand, das nicht den Weg zu uns gefunden hatte.

Übrigens: sogar 2 Helvetismen haben wir in letzter Zeit aufgesogen: eindrücklich und zögerlich; die haben’s aber gleich in den gesamtdeutschen Standard geschafft.

Bitte um Spenden!

K.

Re: Import von binnendeutschem Jargon und "Teutonismen"
06.12.2009 von JoDo

Nich? <> [u:2uuob96p]Ned[/u:2uuob96p] woa?
Klar doch! <> [u:2uuob96p]Eh[/u:2uuob96p] gloa!
Komm hoch! <> Kumm [u:2uuob96p]au[/u:2uuob96p]ffa!
Kuck mal <> [u:2uuob96p]Då[/u:2uuob96p] schau her! (Übrigens heißt es bei uns gucken mit G)
Da lang! <> [u:2uuob96p]Då[/u:2uuob96p] gemma!
...

Außerdem:
Warum gibt es drüben zwar einen Advent[u:2uuob96p]s[/u:2uuob96p]kalender aber keinen Schwein[u:2uuob96p]s[/u:2uuob96p]braten?

Wird fortgesetzt

Re: Import von binnendeutschem Jargon und "Teutonismen"
06.12.2009 von JoDo

Nachtrag zu "Koschutnig´s" Bemerkungen: Feiertage

2. Weihnachtsfeiertag <> Stephanitag
Ostersamstag, Ostersonnabend, Karsonnabend oder Stiller Samstag <> Karsamstag

Re: Import von binnendeutschem Jargon und "Teutonismen"
12.12.2009 von austrobayer

Wo ist das Problem?
Auch in Bayern und in allen Deutschen Dialekten gibt es verschiedenste Einflüsse auf die Umgangssprache von anderen Regionen sogar auch aus Österreich.
Viele Wörter die hier als rein österreichisch beansprucht wurden gibt es auch schon immer öfter in Bayern.
Z.B. Marillen, Ribisel , Palatschinken, Germknödel usw.
Andere Worte kommen aus dem englischen Sprachraum und vermehren sich rasant.
Oder aus Norddeutschland.
Ich glaube das in Ostösterreich wesentlich mehr Tschüß gesagt wird als in Bayern oder ganz Süddeutschland,
Österreich ist doch keine Insel die man vom übrigen Sprachgebrauch abschotten kann.
Ich verstehe nicht was an den importierten Wörtern sooo schlimm ist?

Re: Import von binnendeutschem Jargon und "Teutonismen"
12.12.2009 von JoDo

Na ja!

Es ist halt ein Unterschied, ob die einwandernden Phrasen und Redewendungen wegen ihres Charmes bevorzugt und gerne importiert werden, oder ob da eine unsichtbare Keule einem das in Hirn hineidrücken möchte.

Viel Unheil wurde und wird da von Fernsehstationen und Synchronstudios angerichtet.

Re: Import von binnendeutschem Jargon und "Teutonismen"
12.12.2009 von Koschutnig

Wo ist das Problem?
Österreich ist doch keine Insel die man vom übrigen Sprachgebrauch abschotten kann.

Wir wollen uns nicht abschotten! Wo's praktisch ist (s. Computer-Denglisch ) machen wir bereitwillig mit. Aber landfremden Jargon von irgendeiner Gegend der eigenen Sprache brauchen wir wirklich nicht (1. Advent, an Weihnachten, sag ich mal...). Da ist mir jedes denglische Wort lieber, na, ja, fast jedes. Wenn nämlich bei der Übernahme eines englischen Begriffs die Bedeutung eines heimischen Wortes geradezu ins Gegenteil verkehrt wird, dann doch nicht: Von einem "menu" (Karte, bes. Speise[n]karte) kann man wählen, beim "Menü" aber ist's verflixt schwer, zum Fleisch einen Reis statt der vorgesehenen Kartoffel zu bekommen. Und weshalb sollen ausgerechnet "Trojaner" eine Gefahr für den PC sein? Die Trojaner waren doch die armen Teufel, die durch die Griechen vernichtet wurden, die sich in jenem geschenkten Gaul versteckt hatten! Im Englischen, wo ein Adjektiv im Singular im Prinzip nicht alleinstehn kann, werden halt ohnehin logische Substantiva gern weggelassen: a Trojan (horse), typhoid (fever), the Atlantic (Ocean), the Mediterranean (Sea). Doch wir beschäftigen uns ja mit binnen-/ bundesdeutschem Import.

Dass, wie du meinst, "in Ostösterreich wesentlich mehr Tschüß gesagt wird als in Bayern oder ganz Süddeutschland" ist ja gerade das, was ich so schmerzlich finde. „Adieux“ bzw. „Adiós“ hätten wir uns hier doch wohl auch selber
- und mundgerechter - zurechtbiegen können, denkst du nicht?
Eine gewisse Komik beim "sich vertschüssen" kann ich allerdings nicht leugnen.
Auch das "nichtsdestotrotz" hab ich recht witzig gefunden, als es in den frühen 1960er Jahren aus "nichtsdestoweniger" und "trotzdem" scherzhaft gebildet wurde. Jetzt hört man's sogar bei Grabreden im ganzen deutschen Sprachgebiet, und kaum jemand empfindet es noch als nicht dem eigenen Sprachgut angehörig. Doch beim Lokaljargon sollte man wirklich die Grenze ziehen.

In Bayern gibt es übrigens weit heftigere Ablehnung von nicht-bairischem Deutsch als in Österreich.
Geh nur auf Seiten wie
http://www.bayerische-sprache.de/Raamadama.html
http://www.bayrisches-woerterbuch.de/bayrisches-wo...
http://www.bayrisch-lernen.de/wortschatz/wortschat...
http://www.bayerntourer.de/bayerisch.htm

Und weiter:

Viele Wörter, "die hier als rein österreichisch beansprucht wurden," sind ja gar nicht "rein österreichisch", auch wenn vielleicht mancher hierzulande mit einem gewissen Größenwahnkomplex dies annehmen mag.
Auch wenn ich vielleicht damit wieder einmal irgendwo anecke: Das Österreichische ist (sieht man vom Alemannischen in Vorarlberg und einem kl. Teil Tirols, sowie von den Volksgruppensprachen ab) eben ein Teil des Bairischen, und zwar hauptsächlich - wie in und südlich von München - des "Mittelbairischen" (Ober- und Niederösterreich, Salzburg, Wien, Steiermark). Nur in Tirol, Kärnten und ein bisschen in der Steiermark wird "südbairisch" gesprochen - doch nirgends in Bayern.

Der Churchill hätt' gern, um Deutschland zu schwächen, nach 1945 einen Staat gesehen, der Bayern und Österreich vereinen sollte. Wie wir uns doch da dann gemeinsam gegen "Teutonismen" von jenseits des WW-Äquators hätten wehren können!
Die Teutonen haben ja schon einmal wahrscheinlich auf Kärntner Heimatboden ihr Wesen getrieben - lang her, allerdings: 113 v. Chr. - und sind dann erbärmlich verschollen. Wenn's doch auch den Teutonismen so erginge.
Ich bin aber mitnichten ein Anhänger irgendeiner "Bajuwarischen Befreiungsarmee". Sprachliche Integration jedoch, und zwar eine solche aller deutschen Dialekte, Jargons, Slangs, Argots ist mir ein Gräuel. Wenn ich das "eh" im Berliner Bundestag und im Hamburger TV hör’, stellt's mir eben auch die Haare auf, denn l ä c h e r l i c h ist's, wenn jemand den Bezug zu seiner Muttersprache so verliert. Ganz schlimm jedoch wird’s, wenn ein fremder Jargon als höherwertig als die eigene Sprache empfunden und nachgeplappert wird, denn das zeugt von einem Minderwertigkeitsgefühl, das mindestens so arg wie der Größenwahn ist. Zahlreiche Bayern und viele Deutsch-Schweizer sehen da ähnliche Probleme. Wir eben auch.

K.

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